Sehr geehrte Mieter im Haus Türkismühler Straße 11,
die Zentralheizung in Ihrem Haus ist rund 20 Jahre alt. Aus Gründen der Ausfallsicherheit möchten wir sie ersetzen.
Aktuell gibt es wohl kaum ein so schwieriges Entscheidungsproblem für Immobilieneigentümer wie die Wahl des Heizungssystems. Aus ökologischen Gründen möchte jeder Hauseigentümer auf die Beheizung mit erneuerbaren Energien (eE) umsteigen. Die sich häufenden beängstigenden Wetterereignisse haben wohl jedem klar gemacht, daß in puncto Klimaschutz wirklich dringender Handlungsbedarf besteht. Daß die Politik sich anschickt – wenn auch auf ausgesprochen ungeschickte Art -, das Heizen mit fossilen Energieträgern zu verbieten bzw. mit steigenden Strafabgaben zu belegen, gibt zusätzlichen Anreiz, sich den eE bzw. klimafreundlichem Heizen zuzuwenden.
Eine Pelletsheizung wäre eine Möglichkeit des Umstiegs auf eE. Bei genauerer Prüfung dieser Alternative zeigen sich jedoch Schwierigkeiten und Nachteile. So ist es z.B. nicht ganz leicht, eine Heizungsfirma zu finden, die eine solche Anlage für ein größeres Haus langfristig sicher betreuen kann. Auch ist die Brennstoffbeschaffung mit größeren Mühen verbunden als bei Öl oder Gas1). Und selbst der Brennstoffpreis ist nicht mehr so attraktiv wie vor der Energiekrise.
Die Wärmepumpe wäre eine zweite Alternative. Immerhin kann der Strom, der sie antreibt, aus eE erzeugt werden. Hier ergibt die technische Prüfung jedoch, daß man das Haus Türkismühler Straße 11 zuerst durch Investition von etlichen Jahresmieterträgen ertüchtigen müsste, um eine Wärmepumpe wirtschaftlich betreiben zu können. Tut man das nicht, entstehen Heizkosten (in Form von Stromkosten), die auch der enthusiastischste Verfechter der Wärmewende nicht bezahlen möchte2). Nun könnte man ja durchaus über eine solche Ertüchtigung (verbesserte Wärmedämmung, Installation neuer Heizkörper) nachdenken. Und bestimmt wären die meisten unter Ihnen auch bereit, um des Klimaschutzes willen Modernisierungsmieterhöhungen zu akzeptieren, ohne die sich solche Maßnahmen nicht finanzieren lassen. Nur müsste man dann die Heizungserneuerung um 1-2 Jahre verschieben, und das wollten wir nicht, siehe Satz 1 oben.
Auch mit der Fernwärme kann man ökologisch ein reines Gewissen haben. Sie wird in Saarbrücken zwar bislang aus Gas gemacht, das aber immerhin sehr energieeffizient, so daß kein Verbot der Bundesregierung und auch keine CO2-Strafabgaben drohen. Doch leider teilt Energie SaarLorLux auf Anfrage mit, daß das FW-Netz bis auf Weiteres nicht den oberen Rodenhof erreichen wird. Ob die unlängst durch die Regierung vorgeschriebene kommunale Wärmeplanung hieran etwas ändern wird, darf bezweifelt werden, denn Fernwärme hat einen hohen Investitionsaufwand. Und auch hier gilt: Vor Ablauf von ein paar Jahren hätten wir ganz sicher keine neue Heizung.
In dieser misslichen Lage bleiben nur noch Öl und Gas übrig, die Energieträger, mit denen rund 75% der deutschen Wohnungen beheizt werden. Wir haben uns entschlossen, im Haus eine sog. Wechselbrandanlage einzubauen, mit der beide Brennstoffe geheizt werden können. So haben wir die Möglichkeit, von Preisunterschieden zu profitieren. Es handelt sich um eine moderne Brennwertheizung, so daß der Energiegehalt der Brennstoffe sehr effizient ausgenutzt wird.
In diesen Tagen sind die Heizungshersteller so stark ausgelastet, daß der Auslieferungstermin noch immer nicht sicher feststeht. Der Heizungsinstallationsfirma hat man jedoch den Termin
Ende Oktober
in Aussicht gestellt.
Der Einbau einer solchen Anlage ist aufwändig. Man geht von einer Dauer von 1-2 Wochen aus (Demontage Altanlage, Einbringen eines Kamineinsatzes, Aufbau der Neuanlage, Rohranpassungsarbeiten, Einstellung).
Ende Oktober kann schon kalte Witterung herrschen. Natürlich haben wir uns bemüht, die Maßnahme in den Hochsommer zu legen. Aber unter den gegebenen schwierigen Umständen ließ sich dies nicht umsetzen. Die überraschenden Maßnahmen der Bundesregierung haben einen nie gekannten „Run“ auf Heizungsprodukte und -dienstleistungen ausgelöst, da mussten auch wir uns in die Warteschlange einreihen. Wegen der „Drohungen“ der Regierung, zum Jahresende Heizungen auf Basis fossiler Energieträger ganz zu verbieten, war es auch keine Option, die Maßnahme ins nächste Jahr zu verschieben.
Die genannte Dauer von 1-2 Wochen bedeutet nicht, daß Sie so lange ganz ohne Heizung sein werden. Teile der Arbeiten werden bei noch völlig normal laufender Altanlage erfolgen. Auch wenn es dann an die endgültige Umstellung geht, wird das Haus nur für geschätzt 1-2 Tage unbeheizt sein. Da der Baukörper die Wärme bis zu einem gewissen Grad speichert, sollten Ihnen mit ein bißchen Glück Temperaturen unter 15° C ganz erspart bleiben. Zur Sicherheit empfehlen wir jedoch, wie wir es immer in solchen Fällen tun, die Vorhaltung eines mit Strom betriebenen Ölradiators.
Wir bitten schon jetzt darum, die leider unvermeidlichen Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Über Aushänge an der Haustür werden Sie über die genauen Termine informiert, sobald sie feststehen.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Breit OHG (jb)
1) Wegen des etwa halb so hohen Heizwerts der Pellets im Vergleich zu Öl muss man die doppelte Masse an Brennstoff heranschaffen und lagern.
2) Hierzu ein interessanter Seitenblick: Im größten Verband der deutschen Wohnungswirtschaft, dem GdW, sind 2800 Unternehmen organisiert, die zusammen rund 6 Millionen Wohnungen bewirtschaften. Dies entspricht einem Marktanteil von rund 30% bei den Mietwohnungen. Obwohl die GdW-Wohnungen zu über 30% vollständig energetisch modernisiert sind, und weitere 40% als immerhin teilweise energetisch modernisiert klassifiziert werden, also ganz gute Voraussetzungen für den Einsatz der Wärmepumpe haben müssten, kommt sie in diesem professionell gemanageten Bestand nicht einmal auf einen Anteil von 0,8%. Biomasse-Heizungen (Pellets) kommen auf 1,1% (Stand 2018, aber es sollte sich nicht viel geändert haben). Dies deutet an, daß die Wohnungswirtschaft bisher mit eE eher gefremdelt hat.